Es dauerte dann doch etliche Generationen, bis sich die Nachbarn wirklich „riechen“ konnten. „Die Mailinger und die Feldkirchener sind recht langsam zusammengewachsen“, erklärt Rudolf Pemsl schmunzelnd. „Sowohl räumlich wie auch ,vom Kopf‘ her.“
Pemsl ist Angestellter im Bayerischen Armeemuseum, selbst ein Feldkirchener, und er hat sich seit Jahren der Heimatgeschichte verschrieben. „Mailing-Feldkirchen wurde 1813 zur eigenständigen Gemeinde im Landkreis Ingolstadt. Dadurch wurde die uralte Zugehörigkeit zur Stadt selbst – seit dem Mittelalter – unterbrochen. Zum Ortsteil wurde Mailing-Feldkirchen durch die Eingemeindung 1972.“ Das Miteinander entdeckten die Mailinger und die Feldkirchener aber erst im vergangenen Jahrhundert. Eine Art Initialzündung für das Gemeinwesen war dabei wohl die Einrichtung einer gemeinsamen Pfarrei während des Zweiten Weltkriegs und dann im Jahr 1963 die Gründung einer gemeinsamen Grundschule. „Davor haben vor allem die Feldkirchener großen Wert darauf gelegt, dass ihre Kinder hier und nicht in Mailing zur Schule gehen“, sagt Pemsl. Mittlerweile herrsche ein starkes „Wir“-Gefühl. „Auch wenn spaßeshalber gern noch über die vermeintlichen Eigenheiten des jeweils anderen gefrotzelt wird.“
Notiz am Rande: „Es heißt zwar Mailing-Feldkirchen“, sagt Pemsl. „Aber wenn man über die Regensburger Straße von Ingolstadt kommt, erreicht man zuerst Feldkirchen und dann erst Mailing.“ Das wüssten viele Menschen nicht.
Lange Siedlungsgeschichte
Zu Ingolstadt gehören Mailing und Feldkirchen schon seit dem Mittelalter, als zwei der sieben Orte des Burgfriedens Ingolstadts. „Und weil die Einwohner eben auch Bürger Ingolstadts waren, durften sie im Kriegsfall Schutz innerhalb der Stadtmauer suchen.“ Siedlungsgebiet ist die Ecke bei Mailing-Feldkirchen übrigens seit langer Zeit. Das beweisen archäologische Funde aus römischer und vorrömischer Zeit.
Heute hat der Ortsteil etwa 5600 Einwohner. „In den 60er-Jahren haben wir sehr viel Zuzug erlebt“, sagt Pemsl. Die Niederlassung der Raffinerien und auch Audi hätten da den Ausschlag gegeben. Generell profitiere auch der Stadtteil von der Boomtown Ingolstadt. Vorteil sei auch, dass Mailing-Feldkirchen mit seiner Ostlage nicht so teuer ist wie etwa der Ingolstädter Westen.
Mehr als 20 Vereine
Laut Pemsl gibt es mittlerweile nur noch wenige Bauern, und die auch ohne Viehhaltung. Einige Handwerksbetriebe und Geschäfte sind noch zu finden. „Die überwiegende Mehrheit der Anwohner sind Arbeitnehmer bei Audi.“ Mit Blick auf das Zusammenleben freut sich Pemsl darüber, dass der dörfliche Charakter erhalten geblieben ist: „Wir haben ein engagiertes und aktives Vereinsleben mit mehr als 20 Organisationen.“ Die Jugend sei auch mit dabei, beim Mädelverein, beim Burschenverein oder in der Jugendblaskapelle – von müder „Schlafstadt“ im Osten kann also keine Rede sein. DK
Von Angela Wermter
GRUSSWORT
Liebe Leserinnen und Leser, der Ingolstädter Osten wird gerne verkannt. Wer dabei nur an Einrichtungen wie die Müllverwertungsanlage, die Kläranlage oder das Gewerbegebiet südlich der Donau denkt, der übersieht, dass es hier besonders viel Natur gibt. Die Gegend ist geprägt vom Wasser, von den Donauauen und zahlreichen kleineren Seen. Der Auwaldsee, der Biendlweiher in Mailing und mittlerweile auch der sogenannte Donaustrand sind beliebte Naherholungsziele. Südlich der Donau erstreckt sich mit der Kälberschütt das einzige Ingolstädter Naturschutzgebiet. Möglicherweise liegen hier sogar die Ursprünge unserer Stadt. Denn es ist nicht geklärt, ob das karolingische Kammergut im heutigen Stadtzentrum oder doch in Feldkirchen anzusiedeln ist. Sicher ist, dass die Siedlung am nah gelegenen Donauübergang schon vor Hunderten von Jahren eine wichtige Rolle spielte.
Ihr
Dr. Christian Scharpf
Oberbürgermeister