„Kampfeslust, Teamgeist und spielerische Klasse“|VFB Eichstätt e. V. 1920 – Bayerischer Amateurmeister
„Kampfeslust, Teamgeist und spielerische Klasse“
27.05.2019
Eichstätt (dno) Vizemeister, Bayerischer Amateurmeister und Qualifikation für die Erste DFB-Pokalhauptrunde: Hinter dem VfB Eichstätt liegt eine Saison der Superlative in der Regionalliga Bayern. Als Markus Mattes (kleines Foto) die Mannschaft Anfang 2015 in Abstiegsnöten in der Bayernliga Süd übernahm, war er nur den ausgewiesenen Fußballexperten ein Begriff.Mit diesem historischen Erfolg hat er sich nun nebenbei zum „besten Amateurtrainer Bayerns“ gekrönt. Wir haben uns mit dem 43-jährigen Erfolgstrainer der Grünhemden unterhalten.Herr Mattes, über Geld redet man bekanntlich nicht. Verraten Sie uns dennoch, welche Prämie höher war: Die für den Klassenerhalt oder die für den Gewinn der Bayerischen Amateurmeisterschaft?Markus Mattes: Eine Nicht-Abstiegsprämie hatte ich noch nie in einem Vertrag stehen. Für das Erreichen des Pokalwettbewerbs gab es bislang noch nichts extra, aber ich denke, der Verein wird dem Trainerteam schon noch einen kleinen Bonus zukommen lassen.
VFB Eichstätt e. V. 1920 – Bayerischer Amateurmeister
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27.05.2019 14:00 Uhr
Im Interview zieht VfB-Trainer Markus Mattes Bilanz über die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte
Die Meisterschaftsentscheidung fiel erst am vorletzten Spieltag. Wie groß ist auch jetzt noch die Enttäuschung, dass man den FC Bayern München II als haushohen Favoriten nicht vom ersten Rang stoßen konnte?
Mattes: Knackpunkt war das verlegte Spiel am Ostermontag in Heimstetten. Bis dahin hatten wir einen super guten Lauf, alles hat gepasst. Danach waren wir aus dem Rhythmus und sind aus der Spur gekommen. Der Ausfall kam zu einer absoluten Unzeit. Sonst hätte es womöglich anders laufen können. Aber: Der Konjunktiv zählt nicht. Deshalb bin ich einerseits über die wohl einmalig verpasste Chance enttäuscht, aber auch sehr zufrieden, was wir erreicht haben.
Haben Sie Glückwünsche in die Landeshauptstadt überbracht?
Mattes: Ich habe mit FCB-Trainer Holger Seitz telefoniert. Er ist ein ganz umgänglicher Typ. Deshalb hat es mich auch für ihn als Mensch besonders gefreut, dass er den Titel geholt hat.
Was hat er geantwortet?
Mattes: Er hat uns ebenfalls zu unserer hervorragenden Saison gratuliert. So ein Kompliment von einem Trainerkollegen hat noch einmal einen ganz anderen Stellenwert.
Dabei ließ sich die Saison recht bescheiden an: Sechs Punkte aus fünf Spielen, Tabellenplatz elf. Es schien die erwartet schwere Saison zu werden. Was ist danach passiert?
Mattes: Wir haben ein paar Entscheidungen getroffen, die glücklicherweise gezündet haben. In Im Interview zieht VfB-Trainer Markus Mattes Bilanz über die erfolgreichste Saison in der Vereinsgeschichte „Kampfeslust, Teamgeist und spielerische Klasse“ dieser Phase kamen Michael Zant und Markus Steinhöfer zu uns. Auch Torwart Mustafa Özhitay hat die Qualität noch einmal angehoben. Außerdem mussten wir anfangs ein paar neue Spieler in die Mannschaft integrieren, und das hat sich halt erst mit der Zeit eingespielt.
Was zeichnet die Mannschaft im Allgemeinen aus?
Mattes: Das ist ein Mix aus Kampfeslust, Teamgeist und spielerischer Klasse. Wenn man sieht, was der „Steini“ teilweise für Sachen macht, auch technisch, dann muss man sagen, dass es so einen Fußballer in Eichstätt noch nicht gegeben hat.
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Ab wann haben Sie ernsthaft daran geglaubt, die Qualifikation für den DFB-Pokal zu schaffen?
Mattes: Das war ganz klar nach dem 3:0-Sieg in München. An diesem Tag hat man gemerkt, dass das alles kein Zufall ist, was die Mannschaft Woche für Woche leistet. Dieser Erfolg im Grünwalder Stadion hat uns natürlich auch viel Selbstvertrauen für die restlichen Spiele vor der Winterpause gegeben. Allerdings muss man auch sagen, dass der Druck danach enorm groß war. Man stelle sich nur mal vor, wir hätten einen 9-Punkte-Vorsprung noch verspielt. Undenkbar.
Vor allem in der zweiten Saisonhälfte hatten Sie ein Luxusproblem, als alle Spieler fit waren. Wie sind Sie mit diesem Überangebot umgegangen und wie ist es Ihnen gelungen, alle Akteure bei Laune zu halten?
Mattes: So eine Situation ist für beide Seiten extrem schwer und belastend. Der Spieler ist enttäuscht, dass er – trotz guter Trainingsleistung – nicht spielt, geschweige denn nicht einmal im Kader ist. Aber auch für uns als Trainerteam ist das wirklich nicht einfach: Wir stellen uns ja nicht einfach hin und pinseln die Namen an die Tafel, sondern wir zerbrechen uns im Vorfeld über jeden Einzelnen den Kopf. Wir machen uns Gedanken, was für die Mannschaft am besten ist. Ab und zu gibt es dann Härtefälle. Damit muss aber jeder umgehen können.
Manche Spiele, wie das 1:0 gegen die SpVgg Greuther Fürth II oder zweimal 3:2 gegen den FC Augsburg II, wurden knapp und spät gewonnen. Hatte der VfB in der Summe mehr Glück oder aber auch Pech?
Mattes: Das ist eine gute Frage. Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. (überlegt) Ich würde spontan sagen, dass das sowohl eine Frage des Charakters und der Mentalität als auch der Fitness ist. Wenn man bis zum Schlusspfiff alles aus sich raushaut, nie aufgibt und immer an den Erfolg glaubt, dann spricht das für das Team. Andererseits haben wir gegen Schweinfurt in der 95.Minute verloren. So ist aber nun einmal der Fußball.
Wie wichtig ist der „zwölfte Mann“?
Mattes: Es gibt wenig Amateurspiele, zu denen regelmäßig um die 900 Zuschauer kommen. Von daher ist so eine große Zuschauerkulisse für uns schon etwas Außergewöhnliches, das wir sehr zu schätzen wissen. Die Spieler bekommen die Stimmung auf dem Platz natürlich mit. Das gibt oftmals einen zusätzlichen Schub. Auch die stimmungsvollen Anfeuerungsrufe und Schlachtgesänge der „Greenwhiteunity“ haben wir sehr genossen.
Das Rückspiel beim SV Heimstetten hat der VfB wegen eines Phantomtores verloren. Wären Sie in dieser Szene froh gewesen, wenn es den Videobeweis gegeben hätte. Oder was halten Sie grundsätzlich vom Video Assistant Referee (VAR?)
Mattes: Anfangs stand ich der Einführung im Profifußball positiv gegenüber. Aber was die Praxis gezeigt hat, würde ich den Videobeweis lieber heute als morgen abschaffen; er nimmt die ganzen Emotionen. In dieser einen Szene hätte ich ihn mir natürlich gewünscht (lacht).
Noch vor einem Jahr sagten Sie, dass viele Spieler den VfB Eichstätt aufgrund der finanziellen Verdienstmöglichkeit als letzte Option sehen. Hat sich diese Einstellung mit dem Erfolg geändert? Bieten sich Spieler inzwischen von selbst an, um über den VfB ins Rampenlicht zu kommen?
Mattes: Wir hatten es gehofft, aber leider ist es nicht so. Wenn man sieht, mit welchen Unsummen Aufsteiger SV Ataspor Türkgücü München den Markt durcheinanderbringt und in der Regionalliga wildert, dann können wir – und auch andere Vereine – überhaupt nicht mithalten. Und Geld ist halt oft trotzdem der entscheidende Faktor.
Mit dem Regionalliga-Aufstieg waren „Die Jungs“ zu Legenden geworden. Was sind Fabian Eberle, Benjamin Schmidramsl und Co. denn jetzt?
Mattes: Dafür gibt es keinen Begriff mehr, mir fällt zumindest keiner ein. Sie alle haben sich in die Geschichtsbücher des Vereins eingetragen. Es wird nicht viele Fußballer geben, die noch in 20 oder 30 Jahren aufgrund sportlicher Leistungen erwähnt werden. Aber an diese Mannschaft wird man sich immer erinnern.
Sie haben vor wenigen Monaten Ihren Vertrag verlängert. Warum hört man nicht auf dem Höhepunkt auf?
Mattes: Der Hauptbeweggrund war die Mannschaft, die im Kern auch so zusammen bleiben wird. Wir sind seit Jahren ein ein geschworener Haufen. Es macht einfach riesig Spaß. Und das Highlight kommt ja erst noch.
Sie sprechen die erste Runde des DFB-Pokals an. Wenn Sie Ihr eigenes Märchen schreiben dürften, wie würde es ausgehen?
Mattes: Auf den FC Ingolstadt 04 können wir nicht treffen, weil er als Tabellen-16. der Zweiten Liga im gleichen Lostopf sein wird. Dennoch wünsche ich mir ein Spiel im Audi-Sportpark, gegen einen guten Gegner und vor aus verkauftem Haus. Wer das letztendlich sein wird, darauf haben wir keinen Einfluss. Deshalb nehmen wir es so, wie es kommt.
Sie trainieren Lehrer, Bankangestellte oder Studenten.Wann coachen Sie ausschließlich Profis?
Mattes: Wenn ich den VfB eines Tages verlasse, wird es schwierig, wie es weitergeht. Ich kann mir – ohne jetzt despektierlich zu sein – nicht vorstellen, zukünftig in der Kreisklasse zu arbeiten. Dafür sind die Unterschiede einfach viel zu groß. Ob es dann aber eine Profimannschaft sein wird? Wer weiß. Ich lasse alles auf mich zukommen, vielleicht mache ich auch erst einmal eine Pause.