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Im Assessment-Center punkten|Start in das Berufsleben II

Im Assessment-Center punkten

21.09.2018

Von Bernhard Kuntz  Wer zu einem Assessment-Center eingeladen wird, ist in der Regel ein potenzieller Stellenkandidat. Denn zu diesen aufwendigen Tests werden meist nur wenige Bewerber eingeladen. Oftmals erfolgt die Einladung erst nach Begutachtung der Bewerbung und mehreren Bewerbungsgesprächen am Telefon. Assessment-Center, kurz AC genannt, „waren lange Zeit eine Art Visitenkarte der Unternehmen. Mit ihnen wollten sie sich als modern geführte Organisationen profilieren“, erklärt Unternehmensberater Hans-Peter Machwürth aus Visselhövede. Heute zählen sie zu den Standard-Instrumenten der Personalauswahl – zumindest in Großunternehmen. „Denn in ihnen kann man einer Vielzahl von Bewerbern objektiver als in Einzelinterviews gegenübertreten“, schwärmt Bernadette Imkamp, Leiterin Personalbetreuung und -marketing bei der Schwäbisch Hall-Unternehmensgruppe. Entsprechend breit setzt die Bausparkasse AC ein: von der Azubi-Auswahl bis zur Auswahl der Teilnehmer für die Führungskräfte-Entwicklungsprogramme. Damit agiert Schwäbisch Hall laut Harald Müller, Leiter Trainee-Programme beim Frankfurter Bildungsdienstleister Provadis, eher gegen den Trend: „In der Regel kommen Assessment-Center primär zum Einsatz, wenn es um die Auswahl hochqualifizierter Bewerber geht.“ Also zum Beispiel, wenn Unternehmen Trainees auswählen. Dann werden die besten Kandidaten oft zu (Hoch-)Schulabsolventen, die zu einem Auswahlverfahren eingeladen werden, sind potenzielle Stellenkandidaten einem Assessment-Center eingeladen. Übereinstimmend betonen die befragten Unternehmen: Assessment-Center sind nur ein Instrument in unserer „Test-Batterie“. Und wer eine AC-Einladung erhält? Der ist ein potenzieller Stellenkandidat. Als Beispiel für das Vorgehen kann die Allianz Deutschland dienen. Der Versicherungskonzern nutzt Assessment-Center, um „aus den Top-Bewerbern“ für sein Trainee- und Vorstandsassistenten-Programm „die für unser Unternehmen passendsten herauszufiltern“, erklärt Personalreferentin Maike Unger. Das heißt: Wer eine AC-Einladung erhält, dessen Lebenslauf und Bewerbungsunterlagen erfüllten die Anforderungen der Allianz. Außerdem hinterließ er oder sie beim Telefon-Interview, das meist auf das Sichten der Unterlagen folgt, einen Spitzen-Eindruck. Und auch bei den anschließenden ein bis zwei persönlichen Vorstellungsgesprächen hatten die Personalverantwortlichen den Eindruck:Das ist einpassender Kandidat. Ansonsten erfolgt keine Einladung zum Assessment Center. Ähnlich ist das Vorgehen bei Merck in Darmstadt – zum Beispiel, wenn der Pharma- und Chemiekonzern aus den circa 300 Bewerbungen für sein Inhouse-Consulting-Traineeprogramm die fünf oder sechs Top-Kandidaten herausfiltern möchte, wie Martin Baltes, Gruppenleiter Recruiting, betont.

Start in das Berufsleben II

21.09.2018 15:00 Uhr

(Hoch-)Schulabsolventen, die zu einem Auswahlverfahren eingeladen werden, sind potenzielle Stellenkandidaten

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Zu Assessment-Centern werden nur wenige Bewerber eingeladen. Foto: Getty Images

„Die modernen Assessment Center sind dynamischer.“

Harald Müller, Leiter Trainee-Programme Provadis

Heute ist die Dauer der Assessment-Center kürzer als früher. „Zumeist einen Tag“, erklärt der Personalauswahl und -diagnostikexperte Albrecht Müller schön. Auch ihr Design hat sich geändert. Eine geringere Rolle spielt in ihnen beispielsweise die Postkorb Übung. Sie ist der Klassiker unter den AC-Übungen. Bei ihr erhalten die Teilnehmer einen „Postkorb“, mit ein bis zwei Dutzend mehr oder weniger dringlichen Aufgaben. Diese sollen die Kandidaten unter Stressbedingungen bearbeiten. Das heißt, mal wird eine Info nachgereicht, mal ruft ein Kunde an,mal kommt ein Meeting dazwischen.

Diese Übung, mit der die Unternehmen die Entscheidungsfreude und Selbstorganisation der Kandidaten testen wollten, spielt in den AC heute „eine deutlich geringere Rolle als früher“, erklärt AC-Experte Müller. Die modernen AC seien „dynamischer“; zudem branchenspezifischer und stärker auf das Unternehmen bezogen.

Wie Assessment-Center heute häufig ablaufen, schildert Albrecht Müller schön. Das gesamte AC steht unter einem Dachthema. Dieses kann zum Beispiel lauten: „Unser Geschäftsbereich x stellt sich dem Wettbewerb“. Zu Beginn erhalten alle Kandidaten repräsentative Kennzahlen des (fiktiven) Geschäftsbereichs. In der ersten Übung soll jeder Teilnehmer dessen Schwachstellen ermitteln und seine Erkenntnisse den Beobachtern präsentieren. Danach folgt eine Diskussionsrunde. Die Teilnehmer erörtern gemeinsam: Was hat Priorität? Was gehen wir als Erstes an? Dann werden Arbeitsgruppen gebildet. Jede erstellt einen Maßnahmenplan. In den nächsten Übungsrunden setzen die Kandidaten die Maßnahmen um. Sie führen zum Beispiel Zielvereinbarungsgespräche mit Mitarbeitern und leiten Projektsitzungen.

In modernen AC wird versucht, betriebliche Prozesse und Herausforderungen realitätsnah abzubilden. Außerdem sind in sie, wie Maike Unger erklärt,mehr Rollenspiele integriert. Anhand ihres Verlaufs wollen sich die Beobachter ein Urteil über die soziale und emotionale Intelligenz der Kandidaten bilden. Denn dass sie fachlich die Voraussetzungen für die vakante Position erfüllen, daran bestehen bei ihnen kaum noch Zweifel. Anders sieht es hinsichtlich der Frage aus: Haben sie auch das Potenzial, um Führungskräfte zu werden? Das soll im Assessment-Center ermittelt werden.