Fast 89 Prozent der Unfälle sind reine Blechschäden. Doch auch wenn niemand ernsthaft verletzt wird, sitzt der Schreck bei den Beteiligten oft tief. Damit der Schaden hinterher vernünftig abgewickelt werden kann, ist es wichtig, die notwendigen Informationen zu sammeln. Bernd Grüninger, Bereichsleiter Gutachten bei der Sachverständigenorganisation Dekra: „Deshalb sollte man, gerade wenn man den Unfall nicht selbst verschuldet hat, an der Unfallstelle Beweise sichern.“
Oft reicht eine kleine Unachtsamkeit: Einmal kurz in den Rückspiegel geschaut und nicht auf den Vordermann geachtet, und schon kracht es. 2,7 Millionen Verkehrsunfälle pro Jahr weist die Statistik für Deutschlands Straßen aus – statistisch gesehen passiert alle zwölf Sekunden irgendwo in der Republik ein Unfall.
Dazu gehören zum Beispiel Übersichtsfotos vom Unfallort und den beteiligten Fahrzeugen, Detailaufnahmen der entstandenen Schäden und eine Unfallskizze. Außerdem sollten die Kennzeichen der beteiligten Fahrzeuge, die Namen und Anschriften der Unfallgegner und eventueller Zeugen sowie Informationen über die jeweiligen Versicherungen notiert werden. Wenn jemand verletzt wurde oder ein hoher Sachschaden entstanden ist, aber auch wenn die Sachlage unklar ist, sollte die Polizei eingeschaltet werden.
Danach geht es darum, den Schaden durch die Versicherung abwickeln zu lassen. „Wer selbst den Unfall verursacht hat und kaskoversichert ist, bekommt von seiner Versicherung einen Gutachter oder eine bestimmte Werkstatt für die Bewertung und Reparatur des Schadens benannt. Wer aber selbst Geschädigter ist, hat grundsätzlich Anspruch auf den Gutachter seiner Wahl“, so Grüninger.
Das von einem Sachverständigen erstellte Schadengutachten dient als Grundlage für die Regulierung des Schadens durch die Versicherung des Verursachers. Die Qualifikation eines Sachverständigen und seine Unabhängigkeit gewährleisten korrekte und unvoreingenommene Gutachten. Das Schadengutachten erfasst die Schäden, kalkuliert die Reparaturkosten, legt gegebenenfalls den Reparaturweg fest, ermittelt die Wertminderung des Fahrzeugs durch den Schaden und beurteilt die Frage, ob sich eine Reparatur im Einzelfall lohnt.
Neben Gutachten zu Unfallschäden gibt es eine Vielzahl anderer Gutachten. So kann ein Sachverständiger beispielsweise im Auftrag des Verkäufers den Wert eines Fahrzeugs feststellen oder im Auftrag des Käufers den technischen Zustand eines Fahrzeugs überprüfen. DK
Gutachten zählt
Als Geschädigter bei einem Pkw-Unfall hat man bei der Schadensbehebung die Wahl, dem Unfallverursacher die tatsächlich angefallenen oder die fiktiven Reparaturkosten in Rechnung zu stellen. Im letzteren Fall besteht keine Darlegungspflicht, in welchem Umfang die Reparaturmaßnahmen tatsächlich erfolgt sind.
Wie das Portal RA-Online berichtet, wollte in einem vom Oberlandesgericht München verhandelten Fall (AZ 24 U 4397/20) ein Unfallverursacher nur 5000 statt der im Sachverständigengutachten veranschlagten 9000 Euro zahlen. Seiner Ansicht nach entstünden bei vollständig sach- und fachgerecht durchgeführte Reparatur nur Kosten von maximal 5000 Euro.
Die Richter kamen jedoch zu dem Schluss, dass der Geschädigte selbst entscheiden darf, ob er nun tatsächlich angefallene oder die vom Sachverständigen festgelegten Kosten zur Schadenshebung einfordert. Ob er die Maßnahmen zur Reparatur veranlasst hat oder nicht, muss der Geschädigte zudem nicht darlegen, auch nicht, wenn ein Unfallverursacher die tatsächlichen Kosten als niedriger einschätzt.
Anders hingegen verhält es sich, wenn eine beauftragte Werkstatt für die sach- und fachgerechte Reparatur eine niedrigere als die im Gutachten veranschlagte Summe verlangt.
Dann muss die zu zahlende Schadensersatzsumme den tatsächlich angefallenen Kosten entsprechen und kann möglicherweise auch geringer als im Sachverständigengutachten ausfallen. sp-x