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Ingolstädter Stadtteil Ringsee: Eisenbahn, Eisenbahner und ESV sind nicht wegzudenken|Ingolstadt erleben

Ingolstädter Stadtteil Ringsee: Eisenbahn, Eisenbahner und ESV sind nicht wegzudenken

02.08.2018

Ringsee ist ein Stadtteil mit hoher Wohnqualität. Die Bewohner sind in kürzester Zeit in der Stadtmitte, an der Autobahn oder beim Bahnhof. Dennoch hält sich der Verkehrslärm in Grenzen, zumal südlich der Asamstraße. Auch die restliche Infrastruktur kann sich sehen lassen. Dennoch gibt es Entwicklungen, mit denen die Ringseer nicht einverstanden sind – was sie nicht abhält, von „ihrem“ Stadtteil zu schwärmen. Wie Max Wittmann. Der ehemalige Stadtrat (von 1990 bis 2002) und Imkermeister ist alteingesessener Ringseer – und das in der dritten Generation. Sein Vater und sein Großvater waren Eisenbahner, er selbst scherte aus der Tradition aus und arbeitete bei der Sparkasse.Seine Existenz verdankt der Stadtteil der Eisenbahn. Bis Mitte der 1860er-Jahre dominierte an dieser Stelle das freie Feld. Dann wurden die ersten Schienen verlegt und ein findiger Gastwirt fand, dass die Arbeiter auch essen und trinken müssen. Er baute 1866 eine Brotzeitbude, heute würde man wohl Imbiss sagen. Diese Wirtschaft war das erste Gebäude in Ringsee. 1890 zählte der Flecken bereits 19 Anwesen, wie Wittmann weiß. Er hat sich intensiv mit der Ortsgeschichte befasst. Er weiß auch woher der Name stammt: „Die Donau war früher ein mäandernder Fluss. Hier machte er eine große Schleife, weshalb diese Stelle schon immer Rinksee hieß.“ Der Name wurde beibehalten.Ingolstadt entwickelte sich zum Verkehrsknotenpunkt. Schienenstränge führten in alle Himmelsrichtungen. Die Eisenbahn benötigte immer mehr Personal und wurde zu einem der wichtigsten Arbeitgeber. Später entstand zusätzlich das Eisenbahnausbesserungswerk. Noch mehr Menschen zog es nach Ringsee. Die Familien bauten sich ein Häuschen, bewirtschafteten ein Gärtchen und hielten sich Kaninchen, Enten, Gänse und die eine oder andere „Kuh des kleinen Mannes“ – Ziegen also. „Das war kein ausschweifendes Leben“, berichtet Wittmann, „aber es hat g’langt.“ In Ringsee waren die Schlosser, Heizer, Schwellenleger und Reinigungskräfte beheimatet. Die „besseren Leute“, die Lokomotivführer, waren in der Münchner Straße zu finden.

Ingolstadt erleben

02.08.2018 11:00 Uhr

Ringsee verdankt seine Existenz dem Schienenweg, der von Ingolstadt in alle Himmelsrichtungen führt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts hatte die Bahn einen hohen Bedarf an Arbeitskräften. Die zogen von weither in die Stadt und siedelten sich im Osten an.

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Geselligkeit und sportliches Miteinander  werden groß geschrieben im Osten Ingolstadts. Der ESV unterhält ein großes Stadion und zahlreiche Abteilungen. Auch die Stockschützen des Vereins kommen regelmäßig zusammen, um zu trainieren und sich untereinander zu messen..
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Seit drei Generationen lebt die Familie von Max Wittmann in Ringsee.
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Der 73-Jährige hat sich intensiv mit der Ortsgeschichte beschäftigt. Einen Mittelpunkt im Ort bildet die Kirche St. Canisius.

Die Zerstörungen am Ende des Zweiten Weltkriegs durch Fliegerangriffe waren immens. Auch im Garten der Familie von Max Wittmann schlug eine Bombe ein. Doch hatte die Familie Glück. Wiederaufbau war nach den Angriffen im April 1945 angesagt. Es ging wieder aufwärts.

Als die Bahn weniger Personal benötigte, sprangen andere Arbeitergeber ein: die Despag, die Raffinerien und Audi. „Besonders Audi ist der Grund, warum Ringsee besser dasteht als normal“, sagt der Imkermeister. Ringsee verfügt über eine Bäckerei, einen Supermarkt und über „eine total gute ärztliche Versorgung“, wie der 73-Jährige anmerkt. Drei Hausärzte haben hier ihre Praxis, ebenso Physiotherapeuten und Zahnärzte. Natürlich haben hier auch Banken ihren Standort, die Volksbank Raiffeisenbank Bayern Mitte ist mit einer Filiale vertreten, ebenso die Sparkasse seit den 70er-Jahren. Doch ausgerechnet bei der Sparkasse hatte es offensichtlich Pläne gegeben, ihre Filiale dichtzumachen. So weit kommt es jetzt nicht, aber die Barkasse wird diese Geschäftsstelle verlieren. Automaten sollen diese Aufgaben übernehmen. Online-Banking ist hier ein weiteres Stichwort.

Den früheren Banker überzeugt es nicht. Aktuell leben im Unterbezirk Südost laut Statistik 17 976 Einwohner; nur zwei weitere Stadtgebiete haben mehr Einwohner und auch das nur knapp. Doch 30 Prozent der Ringseer sind zwischen 60 und 85 Jahre alt. Viele von ihnen sind mit den modernen Überweisungs- und Zahlungsmethoden überfordert. Automaten können auch lästig sein – wenn sie streiken oder nur eine begrenzte Summe ausspucken. Und auch die Sparkasse werde den Kontakt zum Kunden verlieren, befürchtet der 73-Jährige. Er hat sich aktiv dafür eingesetzt, dass die Barkasse erhalten bleibt – bisher vergebens. Josef Bartenschlager


Wissenswertes aus dem Osten der Stadt

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Die Eisenbahn prägt die Stadtteile im Osten. Ringsee verdank t seine Existenz sogar der Bahn. Fotos: Bartenschlager

Mittelalter und Moderne

Bereits seit dem Mittelalter ist der Ort Kothau bekannt. Ursprünglich bestand er aus vier Auhöfen. Ringsee wuchs seit dem 19. Jahrhundert derart rasant, dass dieser Stadtteil das alte Kothau schnell vereinnahmte. Beide Siedlungen sind so zusammengewachsen, dass nicht einmal die Einheimischen sagen könnten, wo die Grenze verläuft, berichtet Max Wittmann.

Schulwesen


Bereits 1902 wurde die erste Schule in Ringsee gebaut – und sie war von Beginn an zu klein dimensioniert. Ein Erweiterungsbau musste her. Währenddessen wurden die Kinder in einem Gasthaus unterrichtet. 1914 wurde die neue Schule eröffnet, und zum ersten Jahrgang gehörte auch der Vater von Max Wittmann. Als er selbst die Schule besuchte, waren viele Flüchtlinge aus Schlesien und dem Sudetenland in Ringsee untergekommen. „In der dritten Klasse waren wir 64 Kinder“, erinnert sich der Imkermeister.

Lager für Zwangsarbeiter


Mit dem Dritten Reich begann eine sehr dunkle Zeit, die auch vor Ringsee nicht haltmachte. Während des Zweiten Weltkriegs befand sich in der Weisbergerstraße ein Lager für Zwangsarbeiter.

Teil der Festung

In Ringsee gab es zwei Festungswerke, Teil der Landesfestung Ingolstadt. Das mit der Nummer 137 war ein Feldwerk, während das mit der Nummer 138 als Hauptfeldwerk gebaut wurde.

Kostenloses Brennholz

Bei Ingolstadt wurden die alten Wagen und Lokomotiven abgewrackt. Die Beschäftigten bekamen dann einen unbrauchbaren Güterwagen zum Ausschlachten – billiges Brennholz für den Winter.