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Gestern Schüler, heute Arbeitnehmer|Ausbildung & Beruf

Gestern Schüler, heute Arbeitnehmer

25.01.2019

Mit Grauen erinnert sich Kai Madel an den ersten Tag seiner Ausbildung zum Bürokaufmann. Wie gewünscht klopfte der damals 17-Jährige morgens Punkt 8.30 Uhr an die Tür zum Sekretariat des Inhabers eines Sanitärgroßhandels. Doch als er der Sekretärin sagte, wer er sei, antwortete diese: „Der Chef ist nicht da. Der hat einen Termin.“ Dann bat sie Madel, auf einem Stuhl im Flur Platz zu nehmen.Nach zwei Stunden rauschte endlich der Chef herein. Für mehr als einen Händedruck hatte er keine Zeit. „Kümmern Sie sich um den jungen Mann“, sagte er zur Sekretärin. Dann verschwand er wieder. „Bis mein Chef endlich mal Zeit hatte, verging eine Woche“, erzählt Madel. Motivierend wirkte das auf den angehenden Bürokaufmann nicht.So unstrukturiert verlaufen die ersten Arbeitstage von frischgebackenen Azubis oft – speziell in Kleinbetrieben. „Sie sind häufig auf die Ankunft der neuen Mitarbeiter nicht vorbereitet“, weiß Alexander Walz von der Personalberatung Conciliat, Stuttgart. „Mal sollen die Berufseinsteiger gleich wie alte Hasen mitarbeiten.“ Das überfordert viele. „Mal stehen sie nutzlos in der Ecke.“ Das erzeugt bei ihnen das Gefühl: Ich werde nicht gebraucht.Dahinter steckt meist keine böse Absicht, betont Walz. „Die Verantwortlichen versetzen sich nur zuwenig in die Lage der jungen Leute.“ Für diese beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Entsprechend angespannt sind sie. Hunderte Gedanken rasen ihnen durch den Kopf:Wie sind meine künftigen Kollegen?Werde ich akzeptiert? Kann ich die Aufgaben erfüllen? „Deshalb ist es wichtig, den jungen Leuten eine gute Ankunft zu ermöglichen“ – auch aus betriebswirtschaftlichen Gründen. „Denn vom ersten Eindruck hängt stark ab, wie sehr sie sich mit ihrem Job und Arbeitgeber identifizieren.“Das haben die meisten Großunternehmen erkannt.Deshalb gibt es dort Einführungsprogramme – zum Beispiel bei der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Dort dauert die Einführungsphase für die jährlich rund 100 Auszubildenden zwei Wochen. Zunächst werden die Azubis vom Personalvorstand begrüßt. Danach folgen drei Tage, die primär dem Kennenlernen des Unternehmens und der allgemeinen Information dienen. Anschließend nehmen die Azubis an einem zweitägigen Outdoortraining teil. „Auch um sich wechselseitig kennenzulernen“, betont Ausbildungsleiterin Marion Matter. „Denn das fördert die Identifikation mit dem Unternehmen.“Inder zweiten Woche werden die Azubis in die Software-Programme eingeführt. Auch ein Telefontraining steht im Programm. Und ebenfalls ein fester Baustein der Einführung ist ein halbtägiger Benimm-Kurs. In ihm geht es, so Matter, „primär um scheinbar banale Dinge: Wie kleide ich mich angemessen? Was mache ich, wenn ich etwas brauche? Wie und wann grüße ich Kollegen?“ Lauter Kleinigkeiten, die für berufserfahrene Mitarbeiter selbstverständlich sind. Berufseinsteiger wissen aber oft noch nicht,welche Verhaltensregeln in den Betrieben gelten. Also sollte man es ihnen sagen.So aufwendige Einführungsprogramme können sich kleinere Unternehmen nicht leisten. Das ist auch nicht nötig. Trotzdem sollten auch sie sich überlegen, wie sie den Berufseinsteigern das Ankommen erleichtern. Selbstverständlich sollte eine Begrüßung durch den Chef sein; außerdem, dass er oder ein Stellvertreter sich zwei, drei Stunden Zeit nimmt, dem Azubi den Betrieb zu zeigen und ihn den wichtigsten Personen vorzustellen. Auch ganz praktische Dinge gilt es zu besprechen. Zum Beispiel: Ist es üblich, dass Neue einen Einstand geben? Wie sind die Pausen geregelt?Mit vielmehr Infos sollte man die Azubis am ersten Tag nicht belasten. Sinnvoller ist es, ein weiteres Gespräch am Folgetag zu vereinbaren. Dann kann der Verlauf der Ausbildung erklärt werden, und was das Unternehmen vom Azubi erwartet – „auch bezüglich seines Arbeitsverhaltens und im Umgang mit Kunden und Kollegen“. Das geschieht oft nicht, kritisiert Führungskräftetrainer Reiner Voss, Hamburg, „weshalb die jungen Kollegen ungewollt in Fettnäpfchen treten“.Klar ist: Die Neuen können sich nicht alles merken, was in den ersten Tagen auf sie einprasselt. Deshalb empfiehlt Voss Betrieben, die wichtigsten Dinge in einem Handbuch zu notieren. Darin kann zum Beispiel stehen: Wie werden Unterlagen archiviert? Worauf ist beim Schreiben von Mails zu achten? Wie und wann ist Urlaub zu beantragen? So ein Handbuch erspart Zeit. Denn die Azubis müssen seltener bei Kollegen nachfragen. Hilfreich ist auch ein Plan, wer den Auszubildenden wann solche Dinge wie die wichtigsten PC-Programme erklärt. Das stellt sicher, dass nichts vergessen wird. Und: Die Infos werden in verdaubaren Häppchen serviert. HK

Ausbildung & Beruf

25.01.2019 08:00 Uhr

Mit der Ausbildung beginnt ein neuer Lebensabschnitt – Betriebe sollten Ankunft der Azubis gut vorbereiten

Gestern Schüler, heute Arbeitnehmer-2
Der Start in den neuen Lebensabschnitt Ausbildung sollte gut vorbereitet sein. Werden die Azubis schon am ersten Tag sich selbst überlassen, verlieren sie die Motivation. Deshalb ist es wichtig, sich für sie Zeit und sie herzlich in Empfang zu nehmen. Foto: Getty Images

Von Beginn an gut versichert

Berufsstarter sollten von Beginn an auf den richtigen Versicherungsschutz achten. Gesetzlich vorgeschrieben und ein Muss für Azubis ist die Kranken- und Pflegeversicherung. Bei der Vielzahl der Angebote gesetzlicher Kassen lohnt sich ein vergleichender Blick auf die Leistungen und Zusatzbeiträge.

Die Privathaftpflicht etwa springt ein, wenn anderen versehentlich ein Schaden zugefügt wurde. Ohne diese Police kann eine Schadenersatzforderung existenzielle Folgen haben. Die Mitversicherung in der Police der Eltern gilt üblicherweise bis zum Ausbildungs- oder Studienende. Bei einigen Anbietern sind Kinder jedoch ab einer gewissen Altersgrenze bereits nicht mehr mitversichert – daher empfiehlt sich ein Blick ins Kleingedruckte.

Auch im ersten eigenen Haushalt befinden sich oft schon viele hochwertige Gegenstände. Bei einem Feuer-, Einbruchdiebstahl- oder Leitungswasserschaden springt die Hausratversicherung ein. Empfehlenswert ist das sogenannte Wohnflächenmodell. Im Antrag wird die Wohnungsgröße eingetragen – schon ist der Hausrat passend versichert.

Wer während oder unmittelbar nach der Ausbildung oder dem Studium berufsunfähig wird, bekommt normalerweise keine gesetzliche Erwerbsminderungsrente. Nach Berechnungen der HDI Lebensversicherung beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein heute 20-jähriger BWL-Student im Laufe seines Lebens berufsunfähig wird, etwa 30 Prozent. Ausreichenden Schutz bietet nur eine private Berufsunfähigkeitsversicherung. Diese ist bereits für Studenten, Absolventen und Berufsstarter erschwinglich. djd