Superlative gehören zur Grundausstattung eines jeden Touristikers wie das sprichwörtliche Klappern zum Handwerk. Manchmal müssen die „Highlights“ mühsam konstruiert oder an den Haaren herbeigezogen werden. Das hat Freising überhaupt nicht nötig. Hier lässt es sich mit den Pfunden nur so wuchern.
Freising gehört – bildlich gesprochen – dem bajuwarischen Hochadel an. Es war Regierungssitz im ersten bayerischen Stammesherzogtum, bereits im frühen Mittelalter Bischofssitz und erlangte als Zentrum des gleichnamigen Hochstifts europaweite Bedeutung. Freising ist auch die älteste Stadt an der Isar, älter als München, das ihr später aber den Rang ablaufen sollte.
Gleichzeitig hat Freising konsequent die Chancen genutzt, die ihr die große Schwester mit dem Bau des Flughafens im Erdinger Moos sozusagen auf dem Silbertablett serviert hat. Hier blüht die Kunst und ebenso die Wissenschaft in Gestalt des Wissenschaftszentrums Weihenstephan der TU München und der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, um nur die zwei bedeutendsten zu nennen. Freising ist nicht zuletzt deshalb gemessen an der Einwohnerstruktur die jüngste Stadt des Freistaats.
Bedeutendes Kulturdenkmal
Dieses seltene Zusammenspiel von Alt und Neu, von Tradition und Moderne, gepaart mit südländischem Flair, prägt das Stadtbild. Schon von Weitem grüßt der Domberg mit den markanten Zwillingstürmen. Das Gotteshaus ist sichtbares Zeichen des geistlichen Potenzials, das Freising seit Jahrhunderten ausstrahlt. Der Sakralbau gehört zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern des Landes, den Künstler von Weltrang, darunter die Asam-Brüder oder Peter Paul Rubens, mit ihren Werken bereichert haben. Bemerkenswert ist die geheimnisvolle Bestiensäule. Nicht weit davon befindet sich die einstige fürstbischöfliche Residenz mit dem von Arkaden gesäumten Innenhof. Sie gilt als erstes Renaissance-Gebäude Bayerns. Vom barocken Belvedere aus genießen die Besucher eine weite Aussicht über München bis zu den Alpen.
Duftende Oasen
Freising und seine Umgebung bieten zahlreiche versteckte Ecken und duftende Oasen, die gerade in Corona-Zeiten entdeckt werden wollen. Die Sichtungsgärten der Hochschule auf dem Weihenstephaner Berg verzaubern die Gäste mit einer wohlriechenden Blütenpracht. Der Hofgarten, einstiger Kernbereich des Klostergartens der Benediktiner von Weihenstephan, ist ein wunderbares Idyll für ruhige Augenblicke. Die Magnolienblüte verwandelt den Garten in eine duftende Aussichtsterrasse mit Blick auf den Parterregarten und die Alpen. Am nördlichen Stadtrand lockt der Schafhof. Vor über 200 Jahren wurde das Gebäude im Auftrag des bayerischen Königs für die Zucht von Merinoschafen errichtet. Heute findet sich dort das Europäische Künstlerhaus des Bezirks Oberbayern. Mitten im Grünen fasziniert hier zeitgenössische Kunst, sowohl in den wechselnden Ausstellungen, als auch im Skulpturengarten.
Auch das Freisinger Umland geizt nicht mit Reizen. Die Isar mit ihren Auen bietet zwischen Freising und Moosburg einzigartige Naturerlebnisse. Der 18 Kilometer lange Radweg führt direkt den hier noch ursprünglichen Fluss entlang. Moosburg, die Drei-Rosen-Stadt mit ihrem historischen Kern, ist auf jeden Fall einen Besuch wert. Das gilt ebenso für Au in der Hallertau mit seinem Schloss, das sich in Privatbesitz befindet. Der Jagdsaal beherbergt die größte private Sammlung an Jagdtrophäen. Nach Anmeldung ist eine Besichtigung möglich.
Bronzezeitliche Hochkultur
Wer tief in die Geschichte dieses Landstrichs eintauchen möchte, ist mit dem Besuch des BronzezeitBayernMuseums in Kranzberg perfekt bedient. In Bernstorf gleich nebenan befand sich ein Zentrum bronzezeitlicher Hochkultur, das Kontakte zum Nil und ebenso zu Mykene unterhielt. Und was wäre der schönste Ausflug ohne kulinarische Höhepunkte? Wer eine Erfrischung wünscht, besucht die älteste Brauerei der Welt, die Bayerische Staatsbrauerei Weihenstephan. Seit knapp 1000 Jahren wird dort traditionelle Bierkultur gepflegt. baj
Botanische Weltreise an einem Tag
Die Globetrotter betrachten vielleicht zunächst den Hickory-Nussbaum mit seinem harten und belastbaren Holz, der in den nordamerikanischen Appalachen beheimatet ist. Dann unternehmen sie einen Abstecher zur Gewöhnlichen Moor-Birke, die aus dem Skandinavischen Raum stammt, und lassen die Hand über die erstaunlich glatte Rinde streichen. Um der Lanzettblättrigen Spießtanne einen Besuch abzustatten, müsste man eigentlich eine Reise nach Zentralchina unternehmen. Oder den Weltwald bei Freising besuchen und dort einen Streifzug durch verschiedene Kontinente machen. Denn das Landesarboretum der Bayerischen Staatsforsten ermöglicht eine einzigartige botanische Weltreise. Auf 100 Hektar Fläche wachsen rund 300 Baum- und Straucharten aus Nordamerika, Europa und Asien. Dabei können sich die Naturfreunde treiben lassen und das verzweigte Wegesystem erkunden, sich nach den Themenpfaden richten oder per Weltwald-App gezielt auf die Suche gehen, sogar nach einzelnen Baumarten.