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Brauchtum hautnah erleben|4. Narrentreffen in Kipfenberg

Brauchtum hautnah erleben

01.02.2018

Wissen Sie, in welchen sich ähnelnden Formen sich das Fasnetsbrauchtum auf der schwäbischen Alb, am Bodensee oder im Elsass erhalten hat? Haben Sie eine Ahnung davon, was ein Hohbarrer Deifel aus Saverne (Frankreich) oder ein Waschlappen Glunker aus Neuhausen auf den Fildern ist? Wollen Sie die alte Traditionsnarrenzunft aus Haigerloch und unzählige weitere Narrenzünfte sehen? Dann kommen Sie beim großen Narrensprung am Sonntag in Kipfenberg – der Fasnachtshochburg im Altmühltal – voll auf ihre Kosten, wenn es darum geht, Tradition, Brauchtum und Gegenwart hautnah zu erleben.Einige der Gruppen sollen heute schon kurz vorgestellt werden. So die „Hohbarrer Deifel“ aus Saverne, einer typischen elsässischen Kleinstadt am Fuß der Vogesen.Unter dem Dach der 1978 gegründeten Gesellschaft Carnavalesque Einhorn entstand 1985 die Gruppe der Teufel, „Hohbarrer Deifel“. Eine Legende, wonach der Teufel seine Hilfe für den Bau einer Brücke angeboten habe, steht im Hintergrund der Gründung dieser jungen Narrenzunft, die heute rund 50 Hästräger zählt.Ihr Häs besteht aus einer schwarzen, aus Holz geschnitzten Teufelsmaske mit fellartigem schwarzen Maskentuch. Jacken und Hosen sind in Schwarz gehalten. Kragen, Ärmel und Hosenbeine sind mit Flammenmustern verziert. Als Besonderheit sind an den Flammen kleine Schellen angenäht.

4. Narrentreffen in Kipfenberg

01.02.2018 12:00 Uhr

„Hohbarrer Deifel“ aus Saverne, Narrenzunft Haigerloch und „Waschlappen Glunker“ sind beim Narrensprung dabei

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Die Besucher dürfen sich auf ein einmaliges Erlebnis freuen.
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Zum großen Narrensprung kommen am Sonntag Gruppen aus ganz Süddeutschland, aus Österreich, der Schweiz und sogar aus Frankreich nach Kipfenberg. Archivfotos: Metze

In Haigerloch wiederum – südlich von Tübingen gelegen – ist der Beginn einer organisierten Fasnacht schon um das Jahr 1885 nachzuweisen. Sehr alt sind die Haigerlocher Fasnetsmasken „Bischöfle“ und „Rottweiler“. Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert und zählen damit zu den ältesten vorhandenen Masken der schwäbisch-alemannischen Fasnet. Das Häs aus ungebleichtem Leinen ist mit hochkantstehenden bunten, rautenförmigen Fleckle besetzt. Ausgerüstet sind diese Hästräger mit Rätschen, Federwischen, Saublodern oder Karbatschen, den kurzstieligen, bis zu vier Meter langen Fasnetspeitschen. Dem beginnenden 19. Jahrhundert zugerechnet wird der „Stadtbutz“, der unter den Haigerlocher Maskenfiguren eine ordnende Funktion hat und mit seinem Reisigbesen dem Umzug vorangeht. Und kaum weniger alt sind die beiden Weißnarrenfiguren „Remple“ und „Uhrafiedla“ sowie die den Frauen und Mädchen vorbehaltene „Fledermaus“, die einen Schleier aus weißem Vorhangstoff trägt, dessen Zipfel auf dem Kopf mit bunten Bändern zu Ohren abgebunden sind. Die Narrenzunft Haigerloch ist heute mit mehr als 400 Mitgliedern – davon etwa 170 Aktiven – einer der größten Vereine der Stadt im Zollernalbkreis.

Der Neuhausener Brauch, die Einwohner am Unsinnigen Donnerstag – dort Schmotziger Donnerstag genannt – musikalisch zu wecken, geht auf eine lang gereifte Idee zurück. Eines Morgens war es so weit, der Waschlappen am Rande des Waschbeckens brachte die Idee für die Gruppe und vor allem für die Holzmaske. Jetzt fehlte nur noch ein Häs, um einen Morgenstraich durchführen zu können. Was lag da näher, als die Narren mit Schlafmütze und Nachthemd – dieses Kostüm nennt man Hemdglonker oder Hemdglunker – zu bekleiden. So wurden aus den Waschlappen 1979 die „Waschlappen Glunker“. Ein Fuchsschwanz an der Waschlappenmaske deutet die Schlauheit und Gewitztheit des Maskenträgers an.

Zuerst zogen nur ein paar Verwegene morgens um die Häuserecken, wagten sich mit Waschbrett, Trommeln und Pfeifen auf die Straße. Da die Gruppe großen Anklang fand, kamen 1982 Trompeten, Trommeln und Schalmeien hinzu. So wurde aus Radau Musik.

Heute genießen die 36 aktiven Musiker – allesamt nur Männer – weit über die Faschingszeit hinaus einen ausgezeichneten Ruf als Party- und Showband. Nach wie vor eröffnen und beenden sie die heiße Phase der Fasnet in Neuhausen. Darüber hinaus präsentieren sie alle zwei Jahre ein neues Showthema mit passender Musik. Auftritte im Radio und Fernsehen haben die Gruppe überregional bekannt gemacht. DK

FASZINIERENDE NARRENSPRÜNGE
Umzüge in der schwäbischalemannischen Fasnacht, auch Fasnet genannt, werden als Narrensprung bezeichnet. Sie unterscheiden sich von Karnevalsumzügen im Rheinland insbesondere dadurch, dass an einem Narrensprung hauptsächlich Fußgruppen mit Maske und Häs – so nennt man die Verkleidung – daran teilnehmen.

Eine Narrenzunft wechselt ihre Häs im Allgemeinen nicht. In manchen Gegenden ist es sogar üblich, sie über Generationen zu vererben.

Zu den Narrensprüngen kommen neben der ausrichtenden heimischen Narrenzunft befreundete Zünfte und Gastzünfte zusammen. Während des Narrensprungs ist es Brauch, dass die Narren die Zuschauer mit dem ersten Teil des Narrenrufs ihrer Zunft begrüßen. Die Zuschauer erwidern dann mit dem zweiten Teil des Narrenrufs der jeweiligen Zunft.

Neben den Hästrägern nehmen an den Narrensprüngen Musikkapellen, Guggemusiken, Fanfarenzüge sowie Lumpen- und Schalmeienkapellen teil.

Narrensprung ist auch die Bezeichnung für den jeweiligen Hüpfschritt der Narren. Vor allem glockentragende Maskenfiguren springen oder hüpfen in Form bestimmter Narrenmärsche.

Ein Narrensprung fordert nicht nur von den Protagonisten, sondern auch von den Zuschauern gutes Stehvermögen. mme