Wo Leben und Kultur wieder pulsieren: Die Innenstadt ist aus dem Lockdown erwacht und lockt zahlreiche Besucher in Läden, Cafés und Lokale.
Ingolstadt – Die Ingolstädter Innenstadt ist seit ein paar Wochen kaum wiederzuerkennen: Wo noch bis vor kurzem Corona-bedingt Leere und Tristesse herrschten, füllen sich Straßen und Plätze wieder mit Leben. Unter mächtigen, aufgespannten Sonnenschirmen nehmen die Gäste etwa in der Theresien-, Donau- und Dollstraße – der kulinarischen Meile schlechthin in der Stadt – auf den Terrassen von Cafés und Restaurants Platz und lassen nach der langen Zeit des Lockdowns allmählich wieder Normalität in den Alltag einkehren. Und wie sie es genießen! Vielen steht es buchstäblich ins Gesicht geschrieben, wie sehr sie sich nach einem netten Plausch mit der besten Freundin, guten Bekannten oder Kollegen bei einem Kaffee unter freiem Himmel gesehnt haben. Auch das kann Genuss sein: Wer alleine sitzt, hat sich die Sonne zum Freund erkoren und lässt sich von ihr ausgiebig schmeicheln.
Köstliches und Amüsantes
Vanille oder Erdbeere? Vor den Eisdielen ist mitunter etwas Geduld gefragt. Wer seinen Gaumen mit der süßen Erfrischung abkühlen möchte, kann bei großem Andrang in Ruhe überlegen, welche Sorte es heute sein darf. In der Theresien- und der Harderstraße sowie auf dem Rathausplatz plätschern die Brunnen, als plauderten sie mit ratschenden Passanten um die Wette. Ausgelassen tollen Kinder oder auch einmal ein Hund um die Fontänen. Ein Vierbeiner versucht mit lebhafter Ausdauer, den Wasserstrahl, der emporschießt, mit dem Maul zu fangen. Sein Herrchen schaut ihm amüsiert dabei zu. Von Sommergefühlen überwältigt sind scheinbar auch die Stadttauben. Verzückt tauchen sie ihre Schnäbel ins Wasser oder wagen sich mit gespreiztem Gefieder fast schon übermütig ein Stück weiter hinein ins erfrischende Nass.
Vor den Eingängen einiger Geschäfte bilden sich bei großem Andrang Schlangen aus Wartenden, weil die Kundenanzahl noch beschränkt ist. Da fällt es im ersten Moment gar nicht auf, dass vor allem in der Ludwigstraße Leerstände das Bild der Innenstadt mit prägen. Mit Corona sind es freilich nicht weniger geworden. Hier und da tut sich aber ein Lichtblick auf. Im ehemaligen C&A-Gebäude etwa, in dem zurzeit Handwerker ihre Arbeit verrichten. Es darf also wieder auf mehr Vielfalt gehofft werden. Die leeren Ladenzeilen in der Ludwigstraße kaschieren noch die Fieranten, die dort seit Monaten an ihren Ständen Süßes und Deftiges verkaufen. Bratwürste, Kartoffelsnacks, Gyros, gebrannte Mandeln oder Zuckerwatte – alles, was das Herz begehrt.
Touristen entdecken die Stadt
Wer das Gespräch mit Touristen und Ausflüglern sucht, stellt fest, dass Ingolstadt für einige von ihnen auf dem Weg zum nächsten Ziel liegt. „Wir wollten uns die Stadt einmal anschauen“, sagt ein Ehepaar aus Österreich, das mit den Fahrrädern nach Zürich unterwegs ist, oder von Leuten, die nach dem Lockdown einfach mal wieder raus wollen – egal wohin, gerne nach Ingolstadt, Leben atmen, die nächstgelegene Sehenswürdigkeit betrachten. Die Heimat oder die Region erkunden, die sich – nach vielen Jahren Urlaub in der Ferne – für viele als nahezu unentdeckter Schatz offenbart. Wo es denn hier etwas zu sehen gebe, erkundigen sich zwei junge Männer aus Ulm, die auf dem Theaterplatz gestrandet sind. Eben waren sie noch Zaungäste bei einer Freiluftaufführung des Stadttheaters. „Gleich um die Ecke“ erhalten sie als Antwort. Dort steht das Neue Schloss, ein stimmungsvoller Blickfang.
Geschichte erwacht zum Leben
Wer sich für das historische Ingolstadt interessiert und in die über 1200-jährige, vielfältige Geschichte der Schanz und der Landesfestung aus dem 16. Jahrhundert eintauchen möchte, kann dies bei einer Stadtführung tun. Wer hingegen Historisches und Geschmackliches auf angenehme Weise miteinander verbinden möchte, der mag auf der Schanzer Biertour in guter Gesellschaft sein. Dort wird er Zeitzeuge, wie vor über 500 Jahren zu Ingolstadt das Reinheitsgebot verkündet wurde. Freilich lassen auch die geheimnisumwitterten Illuminaten düster grüßen, wenn deren Gründer, der in Ingolstadt geborene Universitätsprofessor Adam Weishaupt, zu seiner spannenden wie unterhaltsamen Erlebnisführung durch das Ingolstadt von vor 200 Jahren einlädt.
Ein Besuch lohnt sich auch in den Museen der Innenstadt. Im Deutschen Medizinhistorischen Museum etwa, im Armeemuseum, Lechner-Museum oder Stadtmuseum. Wer sich nach so viel Abwechslung nach Andacht und Stille sehnt, der kann eine der Kirchen in der Innenstadt aufsuchen. Im Liebfrauenmünster, der Franziskanerbasilika, Moritz-, Spital-, Asam- und Matthäuskirche lässt sich für Augenblicke freilich auch der Hitze vorzüglich entfliehen. mbl