Anzeige

Töginger pflegen eine fast 300 Jahre alte Tradition|Paktmesse beginnt am Montag um 10 Uhr in der Kirche St. Bartholomäus

Töginger pflegen eine fast 300 Jahre alte Tradition

Wer hat Angst vor den Schecken? In Töging wohl keiner, denn wenn sie durch die Straßen ziehen und die Kinder mit Ruß beschmieren, haben alle eine Riesengaudi. Fotos: Stephan, Messner

Wer hat Angst vor den Schecken? In Töging wohl keiner, denn wenn sie durch die Straßen ziehen und die Kinder mit Ruß beschmieren, haben alle eine Riesengaudi. Fotos: Stephan, Messner

16.01.2020

Töging – Wenn die wilden Schecken am Montag in ihren groben Gewändern peitschenknallend durch Töging laufen, von den Kindern mit dem alten Scherzruf „Scheck, Scheck, Hennadreck“ geneckt werden und die Schecken ihnen dann nachlaufen und Ruß ins Gesicht schmieren, dann ist der jährliche Ausnahmezustand in dem kleinen Dorf an der Altmühl ausgebrochen. Denn alle Dorfbewohner und auch die Besucher aus der Region wissen, dass der Pfeiferjahrtag von Töging in alter Tradition und als Auftakt in die Faschingszeit wieder fröhliche Urstände feiert. Schon immer wird er am ersten Montag nach Sebastian (Mitte Januar) gefeiert und gleichfalls ist es schon lange Brauch, dass ortsansässige Firmen ihren Beschäftigten an diesem Tag freigeben.

Flötenspieler im Dorf

Dabei hatte dieser Pfeiferjahrtag in seinem Gründungsgedanken wenig mit fröhlichem Leben und ausgelassenen Faschingsfeiern gemeinsam. Den Überlieferungen nach soll einst ein Flötenspieler durch das Dorf gezogen sein und mit seinen lustigen Klängen die Leute aufgefordert haben, nach der überstandenen Pestzeit wieder aus den Häusern zu kommen. Denn sie bräuchten nun keine Angst mehr vor dem schwarzen Tod zu haben.

Der nach diesem Flötenspieler benannte Pfeiferjahrtag ist seither ein wichtiger Termin im Töginger Faschingstreiben. Er geht auf eine Bruderschaft zurück, die im Jahr 1722 einen „Seelenpakt“ geschlossen hat, um gemeinsam für das Seelenheil der gestorbenen Mitglieder zu beten. Diese Bruderschaft besteht seither ununterbrochen und die Mitglieder feiern bis in unsere Zeit am Vormittag des Pfeiferjahrtags um 10 Uhr eine Paktmesse in der Kirche St. Bartholomäus.

Im Anschluss an den Gottesdienst laden die Organisatoren zum Frühschoppen in den Saal des Töginger Schlosses ein. Dort können die Mitglieder der Bruderschaft auch ihren jährlichen Mitgliedsbeitrag in Höhe von 50 Cent einzahlen.

Töginger pflegen eine fast 300 Jahre alte Tradition-2
Die Masken der Schecken haben ihre Vorbilder im schwäbisch- allemanischen Raum.

Töginger Schecken

Die Schecken gibt es in diesem Altmühldorf allerdings erst seit 130 Jahren. Damals hatten zwei Burschen aus Töging eine Maskenausstellung in Nürnberg besucht und zwei Holzmasken aus dem schwäbisch-allemannischen Raum mit heim gebracht. Diese Masken mit zugehörigen Gewändern haben seit ein paar Jahren zwar als Ausstellungsstücke eine Heimat im Töginger Schloss gefunden. Ihre handwerklich nachgeschnitzten Duplikate und deren Variationen gehören seither aber unverzichtbar zum Pfeiferjahrtag und zum Faschingstreiben in Töging dazu.

Sie dürfen allerdings erst am Nachmittag nach dem Bruderschaftsgottesdienst auf die Straßen und müssen mit dem abendlichen Gebetläuten wieder von dort verschwinden. Die durstigen Gesellen hinter den Holzlarven ziehen sich dann in die Wirtshäuser zurück, wo das Faschingstreiben bis in die frühen Morgenstunden weitergeht.

Leo Deisler