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Das magnetische Herz|Selbst für E-Mobilisten ist der Motor oft ein unbekanntes Wesen

Das magnetische Herz

Auch Yamaha baut Elektromotoren – hier ein ölgekühlter und kompakter PSM. Foto: Yamaha

Auch Yamaha baut Elektromotoren – hier ein ölgekühlter und kompakter PSM. Foto: Yamaha

30.06.2021

Achtzylinder, Sechszehnventiler, Sauger, Direkteinspritzer, Diesel und Benziner – die Variantenvielfalt bei Verbrennungsmotoren ist enorm. Das Antriebsangebot im E-Mobil ist im direkten Vergleich deutlich übersichtlicher. Lediglich eine Handvoll Grundtypen sind im Einsatz. Eine Typenkunde.

   

Allen Elektromotoren gemein ist der grundsätzliche Aufbau aus einem feststehenden, magnetischen Stator und einem sich bewegenden Rotor (oder „Läufer“), der letztlich auch die Räder des Autos in Bewegung setzt. Damit er sich dreht, muss er über ein Magnetfeld verfügen, das vom Magnetfeld des Stators angezogen wird. Kurz bevor sich beide treffen, wandert das Feld des Stators weiter und zwingt den Rotor dazu, hinterherzuziehen.
    

- PSMder effiziente Allrounder: Am häufigsten übernimmt mittlerweile der sogenannte permanenterregte Synchronmotor (PSM) die Antriebsarbeit im E-Auto. „Permanent“, weil der Rotor über eigene Magneten verfügt, die ein permanentes Feld erzeugen. Diese Motoren sind kompakt, laufruhig und verfügen über einen hohen Wirkungsgrad. Allerdings sind sie teuer: Vor allem die Seltenen Erden als Rohstoff für die Permanentmagneten kosten, sind nur begrenzt verfügbar und in der Gewinnung energieintensiv. Trotzdem ist der PSM heute mit weitem Abstand der gängigste E-Antrieb in E-Autos und Plug-in-Hybriden. An Bord haben ihn unter anderem die VWID-Modelle, der Porsche Taycan, der BMW i3 und auch der neue Mercedes EQS.

- FSM – die günstige Alternative: Synchronmotoren gibt es auch ohne die teuren Permanentmagneten. Bei der fremderregten Variante (FSM) wird das Magnetfeld temporär durch Strom erzeugt – also durch einen Elektromagneten. Das ist in der Produktion deutlich günstiger als die Verwendung permanenter Magnete. Gleichzeitig ist der Wirkungsgrad etwas schlechter als bei der PSM-Variante, weshalb diese Technik vor allem für eher preissensible E-Autos interessant ist. Und für solche, bei denen es nicht auf extreme Fahrleistungen oder Reichweiten ankommt. Kein Wunder, dass er in Kleinwagen wie dem Renault Zoe erste Wahl war.

- ASM – der große Segler: Neben den beiden Arten von Synchronmotoren gibt es noch eine dritte Variante der E-Maschine: die asynchrone. Während bei den Synchronmotoren die Magnetfelder von Stator und Rotor im gleichen Takt laufen, hinkt der Rotor beim Asynchronmotor (ASM) leicht hinterher. Das sehr robuste Gesamtkonzept ist etwas simpler, kommt ohne aufwendige Regelung und teure Permanentmagnete aus. Im Gegenzug mangelt es dem ASM jedoch an Effizienz. Zudem ist er vergleichsweise schwer und laut. Allerdings hat er einen großen Vorteil: Er lässt sich jederzeit deaktivieren. Wird der Strom abgeschaltet, läuft er im Freilauf mit und verbraucht dabei keine Energie. Die Permanentmagnete im PSM hingegen wirken im Schiebebetrieb wie ein Dynamo und rekuperieren permanent. Beim Segeln auf der Schnellstraße ist das nicht erwünscht. Der ASM ist unter anderem bei Audi E-Tron und Mercedes EQC zu finden, wo auch sein erhöhter Platzbedarf kein Problem ist.

- Kombi-Antrieb – das Beste aus zwei Welten: Der ASM spielt vor allem bei teuren E-Mobilen für die Langstrecke eine wichtige Rolle, der PSM ist in der Stadt und im Kurzstrecken-Alltag effizienter. Weil in vielen E-Modellen mit Allradantrieb sowieso zwei Motoren zum Einsatz kommen, liegt es nahe, in solchen Fällen die Vorteile beider Konzepte zu verbinden. Tesla etwa setzt bei Model S und X einen ASM für den Highway-Betrieb ein, während abseits der Schnellstraße der effizientere PSM den Antrieb übernimmt. Künftig dürfte sich diese Art der Arbeitsteilung auch in weiteren Modellen finden. Allerdings eher in der gehobenen Preisklasse. sp-x/Holger Holzer